Umverteilung in der beruflichen Vorsorge: Wie Ihre Erträge an die Rentner fliessen

Seit längerer Zeit liest man immer wieder davon: «Umverteilung in der beruflichen Vorsorge!». Was dies bedeutet und weshalb der Mittelstand besonders davon betroffen ist, lesen Sie in diesem Beitrag.


Mit: Roger Kretz, Geschäftsführer KR Consulting GmbH, Experte für berufliche Vorsorge beim Kompetenzzentrum Finanzen

Umverteilung Pensionskasse

Wussten Sie?

Im Jahr 2019 wurden gesamthaft 7'200'000'000 (7,2 Mrd.) Franken umverteilt. Quelle: Bericht finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen 2019 – Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge OAK BV, Abb. 20, Seite 30.

Das erfahren Sie in diesem Beitrag

  • Entstehung der Umverteilung
  • Welche Folgen hat die Umverteilung für die Sparer?
  • BVG Überobligatorium ist besonders betroffen
  • Als Arbeitgeber: Schutz meiner Arbeitnehmer?
  • Als Arbeitnehmer: Wie kann ich mich davor schützen?
  • Nützliche Links
  • Kontaktmöglichkeiten

«Die Umverteilung kann einen Berufstätigen mehrere hundert-tausend Franken kosten.»

Roger Kretz, Experte für berufliche Vorsorge

Die Renditen gehen an die Rentner

Arbeitnehmer sparen einen fixen Prozentsatz ihres Einkommens für ihr Alter. Der Arbeitgeber zahlt ebenfalls einen Betrag in die Altersvorsorge des Arbeitnehmers ein. Das angesparte Kapital wird von einer Stiftung verwaltet und wirft Zinserträge und Renditen ab. Schön und gut. Doch die Renditen werden immer häufiger nicht dem Sparer gutgeschrieben, sondern den Rentnern. Im Jahr 2019 waren es gesamthaft 7,2 Mrd. Franken.


Man könnte dieses Vorgehen als systemfremd bezeichnen, denn dafür war das Kapitaldeckungsverfahren (Link <Begriffserklärung) der beruflichen Vorsorge nicht vorgesehen.

Wie entsteht die Umverteilung in der beruflichen Vorsorge?

Zum Zeitpunkt der Pensionierung wird das angesparte Altersguthaben in eine lebenslängliche Altersrente umgewandelt. Hier kommt der Umwandlungssatz (Link Begriff) zur Anwendung. Der Umwandlungssatz ist gesetzlich definiert und darf von den Pensionskassen nicht unterschritten werden. Zudem gilt die Rente als «erworbenes Recht» und darf somit nicht mehr verändert werden.


«Besonders Junge und Gutverdiener sind von der Umverteilung betroffen und bezahlen die unverhältnismässig hohen Renten.»

Die Pensionskassen stehen also vor der Herausforderung, die Renten der Pensionierten in jedem wirtschaftlichen Umfeld zu erwirtschaften – auch bei Minuszinsen. Deshalb werden für die Finanzierung der Renten immer öfter die Erträge der Sparer verwendet.


Gemäss PPCmetrics wurden im Zeitraum von 2009 bis 2018 so über 90 Milliarden Franken umverteilt.

«Minuszinsen, zu hohe Umwandlungssätze und hohe gesetzliche Auflagen bei der Anlagestrategie zwingen die Pensionskassen, die Renten von den Erträgen der Sparer zu finanzieren.»

Welche Folgen hat die Umverteilung für die Sparer?

Im Durchschnitt erzielten die Pensionskassen im Jahr 2019 eine durchschnittliche Performance von über 10 Prozent. Die Altersguthaben wurden aber nur mit rund 2.6% verzinst. Ein Grossteil der Rendite wird für die zu hohen Leistungsversprechen im BVG-Obligatorium verwendet.


Für Sie als Sparer bedeutet dies: Ihre Erträge werden umverteilt.

Besonders von der Umverteilung betroffen: BVG-Überobligatorium (Löhne ab CHF 86'040)

Das Gesetzt schützt Löhne innerhalb des BVG-Obligatorium (BVG). Ab einem versicherten BVG Einkommen von CHF 86'040 gelten die Bestimmungen der jeweiligen Pensionskasse (ZGB / OR). Somit gibt es keine Vorgaben betreffend Beitragshöhe, Verzinsung und Umwandlungssatz.


«Da das BVG- Überobligatorium nicht geschützt ist, werden die Erträge im BVG-Überobligatorium für die Finanzierung der Renten im BVG-Obligatorium verwendet – ein umgekehrter Rentenklau.»

Als Arbeitgeber: Wie kann ich mich und meine Angestellten davor schützen?

1e-Vorsorge

Als Arbeitgeber haben Sie die Möglichkeit, Ihre Angestellten vor dieser Umverteilung zu schützen. Beispielsweise mit einem flexiblen 1e-Plan. Hier können die Versicherten selbst wählen, wie ihre Lohnanteile ab 129'060 Franken angelegt werden. Die Erträge werden einem persönlichen Depot gutgeschrieben und sind somit von einer Umverteilung geschützt.

Philosophie der Stiftung beachten

Die Problematik der Umverteilung ist allen Pensionskassen bekannt. Besonders grosse Pensionskassen haben allerdings keine andere Wahl als die Erträge im überobligatorischen Bereich für die Finanzierung der vielen Rentner zu verwenden. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen lassen den Pensionskassen keine andere Wahl.


Hier sind kleinere Stiftungen im Vorteil, welche aktiv gegen dieses Problem vorgehen können. Informieren Sie sich bei der Wahl der beruflichen Vorsorge unbedingt über die Philosophie der Stiftung. Es gibt Stiftungen, welche die Umverteilung öffentlich diskutieren und sich dagegen aussprechen.

Verhältnis zwischen Rentner und aktiv Versicherten beachten

In jedem Betrieb gibt es für die berufliche Vorsorge einen oder mehrere Arbeitnehmervertreter. Auch in kleinen Betrieben ab einem Mitarbeiter ist dies bereits der Fall.


Suchen Sie aktiv das Gespräch mit Ihrem Arbeitnehmervertreter und prüfen Sie die vorhandenen Vorsorgelösungen mit Ihrem Berater. Die Rechte des Arbeitnehmervertreters sind im Reglement klar definiert. Machen Sie davon Gebrauch.

Wir helfen Ihnen

«Wir begleiten viele Arbeitnehmervertreter bei der Verhandlung mit dem Arbeitgeber. Auch bei kleinen Betrieben. Das Resultat ist oftmals, dass beide Seiten glücklich mit dem Ergebnis sind, da die Arbeitgeber oftmals noch stärker vom Problem der Umverteilung betroffen ist.»

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